Schiefertag im Sernftal - HmC - Free Horsemountain Chapter Switzerland

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Schiefertag im Sernftal

Bilder-Gallery > 2018

Schiefertafelfabrik Elm
Landesplattenberg Engi
17.März 2018
Photos by R'n'R (Raymond and Rolf)


Schiefer. Dieses Gestein wird uns heute den ganzen Tag begleiten. Wir beginnen in der Schiefertafelfabrik in Elm. Bis ins Jahre 1984 wurden dort noch Schiefertafeln, jene kleinen holzumrandeten schwarzen Tafeln hergestellt, die wir heute nur noch als Jasstafeln kennen. Für die Schulkinder war es jahrzehntelang sozusagen ihr Laptop. Denn darauf konnte man Schreiben, Lesen, Rechnen und Zeichnen. 1898 kam ein Auswärtiger nach Elm heiratete eine Elmerin und gründete die Schiefertafelfabrik. Jürg Schuler, der Ur-Enkel des Firmengründers wird uns heute durch das Museum führen. Wir haben also unwahrscheinliches Glück, denn als Junge musste oder durfte er natürlich regelmassig in der kleinen Firma mithelfen. Doch zuerst gibt es für uns erst einmal einen währschaften Apero, mit feinem Zigerbrüt, Glarner Birnbrot und einheimischen Käse. Danach erfahren wir erst einmal ein wenig etwas über Elm.
Denn dass sich Geldgier und Profitsucht negativ auf Menschen und Umwelt auswirken kann ist keine Erfindung der Neuzeit. Dies zeigte sich am 11.September 1881 in Elm. Das kleine Dorf zuhinterst im Sernftal erlebte also schon 120 Jahre vor den Twin-Towers in New York sein «Nine-Eleven». Nur wie gesagt, traf es sie aus eigener Schuld. Jahre zuvor hatten drei Firmen begonnen Schiefer unterhalb des Plattenbergkopfes im Tagbau abzubauen. Nach geltenden Regeln wurden zwischen den Abbaugebieten Stützen stehen gelassen, um den Berg zu stützen. Als ihre Konzessionen ausliefen beschlossen die Elmer Oberen das grosse Geld mit dem Schiefer nun selber zu machen. 1878 übernahmen sie den Abbau auf eigene Rechnung. Nachdem die Qualität des abgebauten Schiefers nachliess, wurde beschlossen, nun auch die Stützen abzubauen. Nach drei Jahren und unter Ignorierung aller warnenden Anzeigen geschah dann was sich heute Elmer Bergsturz nennt. Nach dem ersten Abbruch wurden nur Häuser verschüttet. 17 Minuten später folgte der zweite Abbruch, der die ersten Menschenleben forderte. Der dritte und verheerendste Abbruch folgte dann nur einige Minuten später. Die Gesteinsmassen brandeten den gegenüberliegenden Dünigberg hoch und töteten sämtlich Menschen, die sich dort in Sicherheit wähnten. Danach wälzte sich die steinerne Lawine 2km das Tal hinunter Richtung Schwanden. 114 Menschen verloren damals ihr Leben, wobei nur einige von ihnen je gefunden wurden. 10 Millionen Kubikmeter Gestein lösten sich insgesamt vom Berg und begruben Menschen, Tiere, Häuser und kostbares fruchtbares Land unter sich. Viele Jahre wurden danach vom Frühling bis in den Herbst Steine geklopft und mit Erde bedeckt, damit die Menschen wieder in Elm existieren konnten. Ich mag mich noch erinnern, als wir als kleine Kinder jeweils bei unseren Verwandten in Elm waren, wurde nur als furchtbares Unglück über den Bergsturz geredet, dass Elm selber schuld war, das wurde uns wohlwissentlich verschwiegen. Oder aber sie wussten es damals selber auch nicht besser. Nach 10 Jahren begann der Schieferabbau von Elm erneut, jetzt jedoch im Stollenbau. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges besiegelte jedoch das Schicksal des Schieferabbaus in Elm endgültig.
Dann geht die Führung durch die Fabrik los. Man merkt es Jürg Schuler an, dass er sich hier zu Hause fühlt. Wahrscheinlich wird er jeweils sofort wieder in seine Kindheit zurückversetzt, wenn er Besucher durch «sein» Museum führt. Mit einem riesigen Engagement erzählt er uns, wie es damals zu und her ging. Faszinierend sind die Maschinen, die alle noch einwandfrei funktionieren. Einige davon werden während einer Führung auch in Betrieb
genommen. Und so manche Anekdote kann er uns erzählen und wenn er so erzählt fühlt man sich mittendrin und dabei. Man meint die Maschinen und die Anweisungen des Meisters während der Arbeit zu hören. Man meint den Schieferstaub zu riechen und den Leim des Holzrahmens. Man kann sich richtig in die Lage des kleinen Jürg versetzen, der an der Schleifmaschine stehen muss, während seine Freunde draussen herumtollen, Fussball spielen oder den Mädchen nachstellen. Wie viel Arbeit in so einer Tafel steckt ist kaum vorstellbar. Von Spalten des Schiefers, über das Schleifen und Bearbeiten, weiter zur Herstellung des Holzrahmens und die Aufbringung der Linien und schliesslich die Endbearbeitung. Insgesamt benötigt so eine Tafel sage und schreibe 32 Arbeitsschritte. Und wurde am Schluss für sFr. 2.50 verkauft. Schliesslich musste die Produktion eingestellt werden. Der Stiftung «Stiftung Pro Elm» ist zu verdanken, dass wir heute dieses wunderschöne Museum besuchen können. Und natürlich dem grossen Enthusiasmus der Museumsführer wie Jürg Schuler. Die Zeit vergeht für uns wie im Fluge und wir haben grosse Achtung vor der Leistung der Gründer, den Gebrüder Schenker und deren Nachfolger. Denn viele Maschinen konnten nicht einfach irgendwo bestellt werden, sondern sind Marke Eigenbau. So kommt zum Beispiel bei der Herstellung der Holzrahmen unter anderem ein Zweiganggetriebe eines Motorrades zur Anwendung. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, einer 250er Motosacoch. Aber euch bleibt sowieso nur übrig mir zu glauben, ausser ihr besucht das Museum selber mal. Lohnen wird es sich auf jeden Fall. Und dass es nicht die gesündeste Arbeit ist, leuchtet sicher jedem ein. Vor allem das Schleifen des Schiefes produzierte eine Unmenge Staub und ausserdem machten die Maschinen einen Heidenlärm. Wir verlassen das Museum tief beeindruckt vor der Leistung dieser Pioniere. Einen herzlichen Dank an alle die bei diesem wunderbaren Museum arbeiten und die es ermöglichen dieses wunderschöne Museum am Leben zu halten. Ich bin sicher, ich werde nicht das letzte Mal dort gewesen sein.
Unser nächstes Ziel heisst Engi. Also ein Dorf weiter vorne im Sernftal. Dort erwartet uns der Landesplattenberg und This Marti, unser Guide. Hier werden wir, im Plattenhüttli, etwas zwischen die Zähne bekommen. Da der Apero im Schiefertafelmuseum noch nicht allzu lange her ist, bin ich eigentlich froh, dass wir erst noch einige Schritte gehen
können. Doch diese «einige Schritte» bedeuten, dass wir ein ganzes Stück, das heisst etwa 200 Höhenmeter, den Berg hochmüssen. Erschwerend kommt hinzu, dass an einigen Stellen noch Schnee liegt. Doch schliesslich schaffen wir es alle den Berg hoch. Da seid ihr sicher überrascht, ja auch Biker wissen ihre Füsse zu benutzen und können sich ziemlich sicher auf zwei Beinen bewegen. Wir wissen schon, dass Füsse zu mehr taugen als zum Bremsen und zum Schalten. Dabei haben wir noch Glück, vor einigen Jahren hätten wir noch höher hinauf kraxeln müssen, denn der Eingang war früher im mittleren Stollen. Doch vor einigen Jahren wurde dieser Eingang verschüttet. Doch wie gesagt, erst gibt es was zu beissen. Ein Stollensteak vom Grill mit Folienkartoffeln und Salat wartet auf uns im Plattenhüttli. Nach den feinen Mittagessen und dem Eintreffen weiterer Besucher geht es schliesslich los. Nach dem Eingang in den Stollen fassen wir jeder einen kleidsamen roten Helm. Während der ganzen Besichtigung wird die heilige Barbara, die Schutzpatronin der Bergarbeiter, deren Statue in der Eingangshalle steht,  über uns wachen. Zuvor hat uns This Marti erklärt, dass früher der Schiefer mittels einer Seilbahn oder einer Art Schlitten zu Tal gebracht wurde. Dort übernahmen ihn die Frauen und Kinder und trugen ihn in Tragegestellen nach Schwanden. Was für eine Plackerei. Kurz nach dem Eingang in den Berg befindet sich auch die Konzerthalle. Ja richtig, hier oben finden im Bergwerk regelmässig Konzerte statt. Da wir im untersten Stollen den Berg betreten haben, bedeutet dies, dass wir nun während fast der ganzen Besichtigung hochsteigen müssen. Wahnsinn was da alles in den Berg geschafft worden ist, sogar ein Lift ist vorhanden. Ist jedoch Ehrensache, der wird nicht benutzt, wenigstens nicht von mir. Wenn man bedenkt, dass diesmal ein massiver Berg war und mit Spitzhacke und Sprengungen diese gewaltigen Gänge und Hallen geschaffen wurde, müssen wir uns tief verneigen vor der Leistung dieser Arbeiter. Zu Beginn des Schieferabbaus schuftete jeder auf eigene Rechnung, um dann am Abend seinen Verdienst ins Wirtshaus zu tragen. So entstand eine gewisse Verelendung und der Pfarrer intervenierte in Glarus, worauf das Bergwerk vom Kanton Glarus übernommen wurde und von nun an Landesplattenberg hiess. Die Elmer erschlugen sich sozusagen selber mit dem Berg, während die Engi-er dem Suff verfielen. Was nun besser ist, sei dahingestellt. Im Landesplattenberg wurden auch tausende von Einschlüssen gefunden, vor allem Fische, während in Elm nur einige Kilometer weg, keine einzige Versteinerung gefunden worden ist. This führt uns immer tiefer und höher in den Berg und demonstriert uns auch die Leistung der Männer die hier arbeiten mussten. Zu Beginn musste ein Öllämpchen reichen, etwas später gab es dann Karbidlicht. Bis etwa 1900 florierte der Abbau des Schiefer in Engi. Danach ging die Nachfrage merklich zurück. Anfangs der 1920er Jahre wurde das Bergwerk an eine Privatfirma verpachtet, bis es 1950 in den Besitz von Engi überging. Seit 1961 ist der Abbau eingestellt, da es sich finanziell bei der ausländischen Konkurrenz bei weitem nicht mehr rechnet. Der Rückweg geht dann bedeutend leichter vonstatten. Nach fast zwei Stunden entlässt uns der Berg wieder ans Tageslicht. Nun heisst es wieder runtersteigen nach Engi. Immer wieder können wir nochmals den Berg hochschauen und die gewaltigen Verwerfungen bewundern. Denn hier wurde wirklich das Unterste nach Zuoberst gekehrt. Die ältesten Gesteinsschichten liegen hier zuoberst. Das ganze Gebiet ist ein Teil des Tektonikarena Sardona, welches zum UNESCO-Welterbe gehört.
In Engi sind auch einige Möbel, in denen Schiefer verarbeitet worden ist, ausgestellt. Und natürlich allerlei aus Schiefer, wie Uhren, sowie Taschen und T-Shirts, die mittels Schieferplatten bedruckt worden sind und so dessen Struktur abbilden. Unser gemeinsamer Tag endet schliesslich auf der Raststelle Glarnerland. Es geht ein wunderschöner, informativer wenn auch anstrengender Tag zu Ende. Herzlichen Dank an alle. Vor allem unseren engagierten Guides Jürg Schuler und This Marti. Aber auch an Charly für die ganze Organisation. Mir hat dieser Abstecher ins Zigervalley wieder einmal gezeigt in was für einem wunderschönen interessanten Land wir wohnen. Ich denke schon, dass wir das schönste Land auf der ganzen Welt haben.
Rolf


 
 
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