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KKW Gösgen

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Betriebsbesichtigung KKW Gösgen 23.03.2013
Bildbericht : Rolf

Bis 1969 wurde die Stromversorgung der Schweiz ausschliesslich mit Wasserkraft erzeugt. 1969 ging in der Schweiz mit Beznau 1 das erste Atomkraftwerk ans Netz. Zwischen 1969 und 1984 wurden nach und nach insgesamt 5 Reaktorblöcke in Betrieb genommen, welche etwa 40% des schweizerischen Strombedarfes abdecken. In Anbetracht der momentanen Diskussion „Atomstrom ja oder nein“ wollen wir uns aus erster Hand ein wenig Infos holen. Und wer weiss, vielleicht gelingt uns ja nach unserem Besuch in Gösgen der Durchbruch und wir haben eine revolutionäre Idee, wie man die Welt in Zukunft mit genügend sicherem, sauberem Strom versorgen kann.
Das Kernkraftwerk Gösgen liefert seit 1979 Strom ans Netz. Wohl jedem von uns sind schon die weissen Nebelschwaden am Himmel aufgefallen, die schon von der Ferne anzeigen, dass man sich einem unserer AKW’s nähert. Und jedes Mal befällt mich ein mulmiges Gefühl, wenn ich mich einer dieser Dampfschwaden nähere. Das rührt sicher daher, dass man eigentlich nur von der Kernenergie hört, wenn mal wieder was schief gelaufen ist. Namen wie Three Mile Island, Tschernobyl oder jetzt aktuell Fukushima geistern mir im Hirn herum. So gesehen ist es wahrscheinlich gar nicht schlecht, mal ein eigenes Auge auf ein AKW zu werfen.
Gott sei Dank bin ich genügend früh zu Hause losgefahren. In und um Zürich herrscht wieder mal das nackte Chaos auf den Strassen. Es wird Zeit wenn es endlich wärmer wird, dann kann ich an den Kolonnen wieder langsam vorbei ziehen (auch wenn das nicht so ganz gestattet ist, ich weiss). Auf jeden Fall komme ich pünktlich und ohne Stress auf dem Gelände des KKG an und bin nicht mal der Letzte, wie sonst meistens. Nach kurzer Überlegung entscheiden wir uns drinnen im Besucherzentrum, an der Wärme, zu warten. Da drinnen ist schon einiges los und nach einem Kaffee geht es auch schon los. Simona Mandra begrüsst uns zu den nächsten drei Stunden, die wir hier verbringen werden. Zuerst lernen wir die Besitzverhältnisse, den Aufbau und den groben Ablauf in einem AKW kennen. Mit grossen Modellen wird veranschaulicht wie zum Beispiel die drei getrennten Wasserkreisläufe hier in Gösgen funktionieren. Gösgen gehört ja zusammen mit Beznau1 + 2 zu den sogenannten Druckwasserreaktoren, die mit drei Kreisläufen arbeiten. Während Mühleberg und Leibstadt Siedewasserreaktoren sind, die mit zwei Kreisläufen arbeiten. Eindrücklich sind die Dimensionen und Abmessungen. Bei meiner Harley ist wahrscheinlich die grösste Mutter diejenige an der Hinterachse. Die Mutter die den Deckel des Reaktorbehälters hält, ist sicher einige tausendmal grösser und es gibt, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, 52 Stück davon. Die Blechdicke meiner Schutzbleche sind einige Millimeter, der Reaktorbehälter hat 32 Millimeter Stahl und steht dann noch einen Stahlbetongebäude mit 1.6 Meter Wandstärke. Es sind schon eindrückliche Zahlen, die uns da präsentiert werden. Beim nächsten Halt erfahren wir etwas über das, bis heute, noch nicht endgültig gelöste Problem der Endlagerung des radioaktiven Abfalles. Natürlich ist theoretisch alles klar wenn es nach den Wissenschaftlern geht. Aber ich habe auch Mühe mit dieser „aus den Augen – aus dem Sinn“-Mentalität. Und ich denke dies ist auch einer der Hauptknackpunkte. Bis jetzt hat noch kein Land dieses Problem gelöst.
Wie sehr das Thema Fukushima noch präsent ist, zeigt sich daran, dass immer wieder die Sprache darauf kommt. Dort ist auch gut zu sehen, wie ohnmächtig wir dieser Technik gegenüberstehen, wenn mal der GAU eintrifft. Wobei ich persönlich sagen muss, dass ich zu den Schweizerischen AKW das grössere Vertrauen habe, als zum Beispiel zum AKW Fessenheim in Frankreich (den Franzosen traue ich eh nicht, aber das ist wieder ein anderes Thema). So hat Gösgen insgesamt 6 Notstromgruppen an drei verschiedenen Standorten oder die Überwachungszentrale ist zusätzlich noch in einem andern Gebäude, so dass in einem Notfall auch von dort aus die nötigen Schritte stattfinden können.
Doch ich schweife ab, wir sind ja immer noch im Besucherzentrum. Simona Mandra führt uns zu einem Modell eines Generators, mit der im Maschinenhaus schlussendlich der Strom erzeugt wird. Man stelle sich das einmal vor, die Welle zum Generator dreht sich 3000mal in der Minute. Das führt schliesslich zu den 50 Hertz, das unser Stromnetz hat. Sonst hätten wir gleich das Kerzenlicht behalten können, es würde nämlich alles flackern. Und Internet wäre auch nur halb so spassig, wenn die Filme auf Youtube so flackern würde wie in der Stummfilmzeit. Weiter sehen wir hier ein Modell des Urankern mit seinen Protonen und Neutonen. In diesem Raum erfahren wir auch mehr über die Vorkommnisse von Uran und dessen Weg über den Yellow Cake bis zum Pellet in den Brennstäben des AKWs. Diese werden alle 4 Jahre ausgetauscht, das heisst beim jährlichen Betriebsunterbruch werden jeweils ein Viertel der Brennelemente getauscht. Dabei werden auch gleich die Anlagen kontrolliert. Dieser Unterbruch erfolgt jeweils im Sommer und dauert in der Regel so drei Wochen.
Wobei natürlich nicht alle Reaktoren mit einander heruntergefahren werden. Interessant ist auch die Vorführung der verschiedenen Strahlen. Mittels einer gekühlten und geschliffenen Aluminiumplatte und Isopropanol-Verdampfung können Alpha- und Betastrahlen sichtbar gemacht werden. Dabei erfahren wir wie wichtig unser grösstes Organ, die Haut, ist. Sie schützt uns nämlich vor den schädlichen Alphastrahlen. Zum Schluss sehen wir noch wie sorglos frühere Generationen mit strahlenden fluoreszierenden Beschichtungen umgegangen sind. Besonders erschreckend sind die, mittels Geigerzähler, hörbar gemachten Strahlen an einem Weckerzifferblatt. Wenn man bedenkt, dass man einen Drittel seines Lebens im Bett verbringt und hat dann so ein strahlendes Ding gleich neben dem Kopf. Na ja, dann gute Nacht. Ein Test an unseren Uhren zeigt, dass wir heute keine Bedenken mehr haben müssen. In der heutigen Zeit kochen wir unser Gehirn ja mit den Handystrahlen, was ja auch nicht viel intelligenter ist.
Nach der Theorie folgt nun der praktische Teil. Das heisst wir dürfen aufs Gelände und das Maschinenhaus besichtigen. Doch vor dem „Vergnügen“ werden wir erst einmal bis auf die „Unterhosen“ durchgecheckt. Unsere Waffen ;-) müssen wir in einem Schliessfach deponieren. Danach werden die Personalien mit der Anmeldung verglichen und wir erhalten einen Besucherbatch. Schliesslich müssen wir durch einen Metalldetektor. Doch es werden alle eingelassen und keiner bleibt zurück. Nachdem wir uns nun auch noch mit Batch und Ident Nummer an einem Drehkreuz zu erkennen gegeben haben, stehen wir schliesslich auf dem Gelände. Ach ja, beinahe hätte ich vergessen zu erwähnen, dass unsere Truppe nun zweigeteilt worden ist. Die erste Gruppe hat einen neue „Roadcaptain“ bekommen. Antonella Barz führt nun diese Gruppe durchs Gelände. Während die zweite Gruppe, zu der auch ich gehöre, weiterhin bedingungslos Simona Mandra folgt. Als erstes zeigt sie uns den Kontrollraum. Tausende von Anzeigen sind da an den Wänden angebracht. Die Leute die hier arbeiten wurden jahrelang geschult und werden geprüft wie Linienpiloten. Alle zwei Jahre müssen sie in den Simulator und werden einem Stresstest unterzogen. Denn wenn auf diesem Gelände mal was passiert, dann können diese Leute nicht mehr lange studieren, was sie jetzt genau machen müssen, sondern müssen handeln. Als nächstes gelangen wir über eine Passerelle zum eigentlichen Maschinenhaus. Hier stehen die Dampfturbinen und Generatoren. Es gibt eine Hochdruck- und drei Niederdruckturbinen. Der Dampf des zweiten Kreislaufes kommt hier mit 280 Grad Celsius an und wird erst auf die Hochdruckturbine geleitet und danach, weil immer noch eine unheimliche Energie darin steckt, auf die Niederdruckturbinen. Die Turbinen stehen auf massiven Betonfundamenten, die zusätzlich noch mit riesigen Druckfedern abgefedert werden. Trotzdem sind die Vibrationen im Boden deutlich zu spüren und unsere Füsse erhalten eine Feinmassage. Es ist gewaltig wie viele riesige Rohre hier an den Decken und Wänden entlang führen. Und ein Höllenlärm herrscht hier, deshalb sind auch die Ohrstöpsel Pflicht. Wir steigen noch einige Stiegen hinunter und können so von unten noch die gewaltigen Fundamente und Federn sehen, auf denen die Turbinen stehen. Wieder an der frischen Luft gilt unser nächster Stopp dem 150 Meter hohen Kühlturm, dem wohl markantesten Gebäude des KKWs. Die taillierte Form führt zu einem ständigen Luftzug im Turm, so dass ständig Luft von unten angesaugt wird.
Im Sommer ist das sicher angenehm hier zu stehen, aber jetzt mit der kalten Luft treibt es uns nach einem Weilchen weiter. Wir umrunden das Reaktorgebäude und sehen dabei auch noch das gewaltige Tor das für den Wechsel der Brennelemente gebraucht wird. Im Reaktorgebäude herrscht übrigens ein Unterdruck, sodass im Falle eines Leckes nichts nach aussen dringt. Gleich hinter dem Reaktorgebäude steht noch das Nasslager, wo die verbrauchten Brennstäbe und der radioaktive Abfall gelagert wird. So langsam kommen wir zurück zum Ausgang und gelangen schliesslich alle (ausser Einem!!) problemlos wieder durchs Drehkreuz nach draussen. Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass der Chrüütli in meiner Gruppe ist. Doch schliesslich sind alle wieder wohlbehalten draussen. Tja, manchmal sind ein paar erwachsener Männer schwieriger unter Kontrolle zu halten als eine Schar Kinder. Die erste Gruppe ist bereits beim Apero und auch wir haben noch Zeit ein wenig Knabbereien reinzuhauen und was Flüssiges hinterher zu kippen. Doch schliesslich heisst es Aufbruch, denn das Nachtessen wartet. Auf diesem Weg nochmals ein herzliches Dankeschön an Simona Mandra und Antonella Barz, für ihre erklärenden Worte und ihre Geduld mit uns.
Das OK hat für uns im Restaurant Jurablick in Gretzenbach einen Tisch reserviert. Im Konvoi fahren wir nun dort hin, nicht ohne uns vorher von Maja und Raymond zu verabschieden. Die leider schon was vor haben am Abend. Bei Rossfleisch auf dem heissen Stein, Cordon Bleu oder sonst was Feinem lassen wir den Tag ausklingen. Natürlich kommt immer wieder das Gespräch auf das gerade Gesehene. Und Pro und Contras der AKWs werden ausgetauscht. Doch auch wir finden an diesem Abend keine finale Lösung des Energieproblems, aber im Moment ist uns unser Magen auch wichtiger.
Dem OK, Walti, allerherzlichsten Dank für die Organisation der Besichtigung und die ausgezeichnete Wahl des Restaurants.

 
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