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Besichtigung Gotthard Strassentunnel
Technik und Schadenwehr
16. März 2019

Wohl jeder von uns ist schon unzählige Male durch den Strassentunnel am Gotthard hindurch gefahren. Vielleicht genervt vom vielen Verkehr, aber sonst mehr oder weniger gedankenlos. Vielleicht noch ein wenig ehrfürchtig ob der Leistung der Menschen die diesen Tunnel geplant und gebaut haben. Gerade wir Motorradfahrer spüren diesen Tunnel ja viel intensiver als die Autofahrer, wir sehen ihn nur nicht bei der Durchfahrt, sondern wir spüren ihn auch in Nase (die Abgase) und an der Haut (die Wärme). Darum haben wir nicht lange gezögert als Charly mit dem Vorschlag kam, einmal ein wenig hinter die Kulissen dieses Strassentunnels zu schauen.
So treffen wir uns an diesem Samstag im Werkhof des Portal Nord. Zuerst werden wir einiges zur Technik des Tunnels erfahren und im zweiten Teil auch die Schadenwehr kennenlernen. Zum ersten Teil begrüsst uns Leo Waldis. Er zeigt uns zuerst einen Informationsfilm zum Gotthardtunnel. Ich denke, dass kaum jemandem bewusst ist, dass der Gotthardtunnel nicht etwa die kürzeste Verbindung von Göschenen nach Airolo ist, sondern dass der Tunnel einen leichten Bogen beschreibt. So folgt er mehr oder weniger dem Verlauf der Passstrasse. Auf diese Weise konnte erreicht werden, dass die Be- und Entlüftungsschächte in zugänglichem Gebiet liegen. Und für uns Benutzer ist es auch angenehmer, sonst würde man ja womöglich in Göschenen schon die Lichter von Airolo sehen. Das wäre dann eine langweilige Fahrt, alles immer geradeaus. Nach den ersten Informationen durch den Film führt uns Leo Waldis in die Überwachungszentrale. Hier sitzen im Normalfall drei Leute und überwachen den Verkehr und die Infrastruktur. Von hier aus kann alles gesteuert werden, sollte irgendwas sein im Tunnel. Es ist zu wünschen, dass diese drei Leute jeweils eine langweilige Zeit verbringen müssen. Für uns alle ein beruhigender Punkt, der Polizist der hier sitzt, kann keine Bussen ausstellen. Er kann jedoch dafür sorgen, dass ein fehlbarer Lenker nicht ungeschoren davonkommt, indem er es weitermeldet an eine Patrouille. Insgesamt gibt es sechs Lüftungszentralen im Tunnel, jeweils eine in jedem Portal und vier auf der Strecke. Eine dieser «Lüfter» können wir anschliessend besichtigen. Ist schon beeindruckend was für grosse Dinger für frische Luft in den Tunnel bringen und die Drecksluft absaugen.
Wohl jedem ist noch der schreckliche Unfall am 24.Oktober 2001 im Gedächtnis, bei dem elf Menschen ihr Leben verloren. Wie wichtig es ist, in so einem Fall das richtige zu tun, erklärt uns Herr Waldis eindrücklich. Denn, der wohl unsicherste Platz bei einem Brand im Tunnel ist der eigene Wagen. Also Schlüssel stecken lassen, raus aus dem Wagen und rein in einen der Schutzräume, die es alle 250m gibt. Diese haben dann auch Verbindung zum Sicherheitsstollen. Stollen und Schutzraum stehen unter permanentem Überdruck, so kann kein Rauch in diese Regionen eindringen. Aber auch für die Tunnelbetreiber hatte dieser schlimme Unfall einschneidende Konsequenzen. Das Lüftungskonzept wurde völlig überarbeitet. Nun schliessen bei einem Brand sämtliche Lüftungsklappen, nur die drei die an nächsten beim Brandherd sind, werden vollständig geöffnet. Dies sorgt dafür, dass aller Rauch abgezogen werden kann und so der restliche Tunnel weitgehend rauchfrei bleibt. Auch das Tropfenzählersystem für
Lastwagen ist eine Folge der Brandkatastrophe. Eine weitere Konsequenz war auch die Schaffung einer Berufsfeuerwehr, der Schadenwehr, welche wir ja anschliessend kennenlernen werden. Nach der Lüftungszentrale landen wir schliesslich mitten auf der Autobahn. Naja fast, natürlich bringt uns Herr Waldis nicht in unnötige Gefahr. Wir befinden uns im Portal Nord am Eingang zum Sicherheitsstollen. Von hier aus wird dann auch im nächsten Jahr damit begonnen die zweite Gotthardröhre zu bohren. Wenn diese dann mal fertig ist, nach etwa sieben Jahren Bauzeit, wird die erste Röhre gesperrt und kann dann saniert werden. Dies dauert dann auch wieder etwa 3 Jahre. Anschliessend werden dann beide Röhren, jeweils einspurig, im Betrieb stehen. Dies führt dann zu einer viel grösseren Sicherheit, da dann in den Tunnelröhren kein Gegenverkehr mehr herrscht. Und bei einem Vorfall kann der Verkehr in der anderen Röhre ungehindert weiterrollen. Schliesslich landen wir zum Schluss in der Garage, in der die Patrouillenfahrzeuge der Polizei abgestellt sind. Was mir hier besonders aufgefallen ist, dass man denen alles aufschreiben muss. «Gurtentragen obligatorisch» und «Sicherheit Abblendlicht». Was für uns selbstverständlich ist muss man hier der Polizei extra hinschreiben. Schliesslich landen wir wieder im Freien und somit sind wir am Schluss des ersten Teiles unserer Besichtigung. Leo Waldis hat uns mit viel Engagement versucht die trockene Materie der Technik etwas näher zu bringen. Ich denke es ist ihm gut gelungen, denn die Dimensionen sind auch eindrücklich. Nun ist mir auch klar, wieso der Tunnel von Zeit zu Zeit komplett gesperrt werden muss. Die ganze Infrastruktur muss natürlich in Schuss gehalten werden. Das heisst auch die riesigen Lüfter im Tunnel müssen mal gereinigt, generalüberholt werden oder es muss eine grössere Reparatur geben, dies geht natürlich nur mit einer Vollsperrung. Darum werden solche Dinge auch vor allem erledigt, wenn der Pass offen ist. Und im Winter gibt es jeweils Zeitfenster, in denen der Verkehr rasch zirkulieren kann.
Der zweite Teil, die Schadenwehr Gotthard, wird uns Patrick Aschwanden näherbringen. Wie bereits erwähnt, ist die Gründung der Schadenwehr Gotthard eine Folge des Unfalles von 2001. Vorher wurde hier mit einem Milizsystem gearbeitet. Nun sind am Nord- wie auch am Südportal permanent 5 Leute im Einsatz. 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr (selbstverständlich 366 Tage in Schaltjahren und natürlich sind es nicht die ganze Zeit dieselben 5 Leute). Die Schadenwehr ist im Auftrage des ASTRA tätig, jedoch dem Militär unterstellt. So sind auch die Ränge der Leute militärisch, also Soldat oder Wachtmeister. Das Aufgabengebiet der Schadenwehr ist riesig. Habt ihr, zum Beispiel,
gewusst, dass unter der Woche von 05.00 bis 22.00 Uhr, ständig ein Mann am sogenannten Thermoportal sitzt. Achtet mal darauf, bevor ihr das nächste Mal in den Tunnel einfahrt. Kurz vor dem Eingang steht ein Container, da sitzt der Mann drin. Dessen Aufgabe ist ausschliesslich die Überwachung des Lastwagenverkehrs. Ein Thermoscanner scannt die Lastwagen auf überhitzte Teile, findet er nichts, bleibt die Ampel grün, wird Alarm gegeben schaltet er die Ampel auf Rot und der Lastwagen darf gar nicht erst in den Tunnel einfahren. Natürlich hat die Schadenwehr nicht nur diese Aufgabe, daneben gibt es auch sonst noch viel zu tun. Sie müssen bei jedem Vorfall im Tunnel und auf dem Portal ausrücken. Dabei müssen sie im Ernstfall innert 2 Minuten ausrücken und innerhalb von 12 Minuten am Ort sein. Und dies wird von beiden Seiten so gehandhabt. Es muss ja nicht unbedingt immer ein Grossbrand sein, bei dem alle ausrücken müssen, es reicht auch schon ein Unfall, wenn wieder einmal einer nicht aufgepasst hat. Eine weitere Aufgabe ist auch die, die Patrick Aschwanden gerade macht, uns einen Einblick in seine Arbeit zu geben. Dazu zeigt er uns nun drei der verschiedenen Fahrzeuge, die zum Fahrzeugpark der Schadenwehr gehören. Beginnen werden wir mit dem SRF, dem Strassenrettungsfahrzeug. Auf ihm befindet sich alles das nötig ist, wenn die Schadenwehr zu einem Unfall ausrücken müssen. Vom der Hydraulikschere über verschieden Tragen, über Hebekissen bis zu verschiedenen Feuerlöschern alles griffbereit an seinem Ort verstaut ist. Dabei spielt es keine Rolle ob es ein Fahrzeug des Nordportals oder eines des Südportals handelt. Die Werkzeuge sind am genau gleichen Ort verstaut und alle finden alles zu jeder Zeit. Das nächste Fahrzeug ist das ULF, das Universallöschfahrzeug. Schon einige Nummern grösser. Bei allen Fahrzeugen wird ganz besonderen Wert auf die Sicherheit der Besatzung im Fahrzeug gerichtet. So sind alle Sitze mit einer eigenen Atemluftversorgung ausgerüstet. Grundsätzlich sind die Leute ja immer in Vollmontur im Einsatz, das heisst, dass ein 70kg schwerer Mann schnell einmal 120-140kg wiegen kann, wenn er dann auch noch Schläuche auf dem Buckel hat oder die grosse Schere rumwuchten muss. Das letzte Fahrzeug das uns Patrick Aschwanden heute vorstellt, ist das SLF, das Sonderlöschfahrzeug. Während das ULF etwa 2000 Liter Löschwasser an Bord hat, sind es beim SLF sage und schreibe 9000 Liter. Auch sonst ist bei diesem Fahrzeug nochmals alles ein wenig grösser. Beide Fahrzeuge sind übrigens auch mit einer Dachbox ausgerüstet, in der über 300m zusammengekoppelter Löschschlauch ist. So kann innert kurzer Zeit, indem nämlich das Fahrzeug langsam vorwärts fährt, die 300m-Schlauchleitung gelegt werden. Die zwei Fahrzeuge sind eindrücklich anzuschauen und so nahe kommen wir wahrscheinlich solchen Teilen kaum mehr so nahe. Ausser wir sind Gaffer und stehen den Leuten von der Schadenwehr im Weg rum. Was nicht so selten sein soll, wie uns Patrick an einigen Müsterchen erzählt. Und man liest es ja auch immer wieder in den Zeitungen. Der krönende Abschluss bildet dann noch eine Demonstration an der wir das SLF in vollem Einsatz erleben können. Zuerst zeigen sie uns den Wasservorhang, der das Fahrzeug nach vorne schützt. Dann kommt der Wasserwerfer auf dem Dach zum Einsatz. Schon eindrücklich wie weit der reicht. Und im Wege stehen möchte ich auch nicht unbedingt. Zum krönenden Abschluss schalten sie auch noch das Gebläse auf dem Dach dazu. Nun umhüllt ein dicker Wassernebel das Fahrzeug. Dieses Gebläse wird heute weniger benötigt, seit dem neuen Entlüftungskonzept im Tunnel. Die relativ kurze, aber eindrückliche, Demonstration hat beinahe die Hälfte der 9000 Liter Wasser benötigt. Es ist beruhigend zu wissen, dass in einem Notfall auf beiden Seiten des Tunnels so gut ausgebildete und motivierte Leute bereit sind um einzugreifen. Wir hoffen natürlich trotzdem alle, dass wir der Schadenwehr Gotthard nie begegnen werden. Wenigstens nicht im Einsatz im Tunnel oder an einem der Portale. Übrigens die Leute der Schadenwehr drehen natürlich nicht Däumchen, wenn mal kein Vorfall ist, sie haben daneben noch vielfältige Aufgaben vom Militär und natürlich wird der Aus- und Weiterbildung auch den gebührenden Platz eingeräumt. Neben diesen drei Fahrzeugen gibt es nicht etliche andere für verschiedene Einsatzzwecke, zum Beispiel auch ein Abschleppfahrzeug für Pannenfahrzeuge, dabei werden die liegengebliebenen Fahrzeuge einfach aus dem Tunnel zum Werkhof geholt und von hier an übernehmen dann Abschlepper aus der Gegend.
Es ist interessant zu sehen was so alles mit dem Gotthardtunnel zusammenhängt um uns so eine ungestörte und sichere Durchfahrt ermöglicht und wenn mal doch was ist, so sind die Leute der Schadenwehr für uns bereit. Allen Beteiligten danken wir ganz herzlich, darin einschliessen möchten wir auch alle die tagtäglich für unsere Sicherheit sorgen, sei es nun in der Technik oder in der Schadenwehr.

Den gemütlichen Teil verbringen wir dann im Gasthaus «Schäfli» in Intschi, wo wir uns riesige Cordon Bleu versuchen einzuverleiben, wobei einige kläglich scheitern. Es war auf jeden Fall ein toller Tag mit gutem Wetter, viel Informationen und reichlichem und gutem Essen. Einen Dank an Charly für die Idee und die Organisation. Ach ja noch was, der Schreibende übernimmt keine Gewähr für die Vollständigkeit und absolute Richtigkeit seines Geschreibes, aber dafür könnt ihr ja selber mal reinschauen am Gotthard Nordportal und eine der Führungen mitmachen.
Rolf

 
 
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