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Besichtigung NEAT

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Besichtigung NEAT 07.März 2015

Wenn ich euch Ausdrücke  Aarmassiv oder Tavetscher Zwischenmassiv an den Kopf werfe, so sagt euch das wahrscheinlich noch nicht allzu viel. Bei Pioramulde wird es schon ein wenig durchsichtiger. Na gut, ihr konntet ja im Titel schon lesen, was wir heute vorhaben. Als braver Steuerzahler muss man hin und wieder mal nachschauen, was denn eigentlich mit dem Geld passiert, das wir Tag für Tag brav abliefern. Und natürlich interessiert uns auch das ganze Drum und Dran an so einem Jahrhundertbauvorhaben.
Wenn ich an den neuen Eisenbahntunnel der NEAT durch den Gotthard denke kommen mir als erstes einige Ereignisse in den Sinn, die wir in Presse und Fernsehen gesehen und gehört haben. Wie etwa der Beginn der Bohrarbeiten. Damals war der Termin der Eröffnung noch in weiter Ferne. Oder der Vertikalstollen der von Sedrun aus nach einem 2km langen horizontalen Stollen 800 m in die Tiefe gesprengt worden war und dies gleich zwei Mal. Oder eben die Pioramulde. Caspar hat es in die Hand genommen und für uns eine Führung zum Gotthard-Eisenbahntunnel organisiert.

Auf meinem Weg nach Erstfeld sammle ich noch Charly auf und wir sind schon ziemlich früh vor Ort. Und trotzdem sind wir nicht die Ersten. Raymond, Röbi und Babs warten schon voller Tatendrang. Als dann auch noch Peter mit Susi, Herbert sowie Caspar mit Nico bei uns vorfahren, ist unser Trüppchen bereits vollständig. Im Infocenter erhalten wir dann die ersten Eindrücke von dem gewaltigen Vorhaben eines 57km langen Eisenbahntunnels zwischen Erstfeld und Bodio. Gleich hinter dem Infocenter befindet sich das Nordportal. Man stelle sich das mal vor 57km, das sind etwa vier Mal mein Arbeitsweg und ist somit der längste Eisenbahntunnel der Welt. Und es ist ja nicht nur ein Tunnel, sondern es sind ja zwei unabhängige Röhren, die in Sedrun und Faido mittels Multifuntionsstellen miteinander verbunden sind. Ausserdem sind alle 325m sogenannte Querschläge angelegt. Wir alle schauten jeweils fasziniert auf den Fernseher, wenn wieder mal ein Bericht über die gewaltigen Tunnelbohrmaschinen kam. Und es standen ja gleich vier dieser Ungetüme im Einsatz. Nach den ersten Eindrücken werden wir in zwei Busse verladen und nach Amsteg gefahren. Hier heisst es erst einmal den Ausführungen von Ernst Okle zu lauschen. Er stand lange Jahre am Gotthard im Einsatz und macht nach seiner Pensionierung weiter in Form solcher Führungen. Es ist immer wertvoll solche Infos von einem Mann (oder natürlich auch von einer Frau) der vom Fach ist und somit weiss wovon er spricht. Er erzählt uns viele Dinge über Finanzierung, Streckenführung und Technik der beiden Eisenbahntunnel am Gotthard und durch den Ceneri. Ich habe zum Beispiel bis jetzt nicht gewusst, dass im Urnersee mit einem kleinen Teil des Ausbohrmaterials Inseln aufgeschüttet worden sind. Unter anderem auch zwei in der Naturschutzzone. Und das dadurch sogar Vogelarten zu uns kamen, die vorher nicht heimisch waren bei uns, obwohl die Naturschützer vorher dagegen waren solche Inseln aufzuschütten.
Das zeigt, dass auch diese sogenannten „Experten“ keine Ahnung haben. Nach den interessanten Ausführungen fassen wir unsere Ausrüstung wie Leuchtweste, Leuchtgamaschen, Helm und Rucksack mit Notfallatemgerät. Nach einer nochmaligen kurzen Fahrt fahren wir schliesslich in einen Zubringerstollen ein und 2km tief in den Berg. Anhand von vielen Anschauungstafeln und Fotos sowie am Tunnel selbst erklärt uns Ernst Okle wie der Tunnelbau am Gotthard so funktioniert, während die gute Seele im Hintergrund, Alois Bissig, immer schaut, dass keines der Schäfchen verlorengeht. Es ist eindrücklich zu sehen, was für eine Masse Gestein da hat rausgeschafft werden müssen. Allen der Gotthard wurde um 28 Millionen Tonnen erleichtert. Auf Bahnwagen verladen ergäbe das einen Zug von Zürich nach Chicago. Ein Wahnsinn!! Dann stehen wir drin, mitten im Bahntunnel. Voller Ehrfurcht stehen wir da und schauen nach rechts und links. Überall nur Tunnel, soweit das Auge reicht. Hier werden also in knapp 1 ½ Jahren Güterzüge mit 100 km/h oder Personenzüge mit 200 km/h durchrasen. Jetzt sehen wir alles, was wir vorher in einem Film gesehen haben in 3D. Wir erfahren vieles über das wir uns sonst gar keine Gedanken machen. Wie etwa was passiert, wenn mitten im Tunnel ein totaler Stromausfall eintritt. Was es zu überlegen gibt, dass die Leute auch im Stockdunkeln zu den Querschlägen finden. Oder was für Vorkehrung getroffen werden müssen, wenn mehrere Züge im Tunnel wieder anfahren müssen, was einen riesigen Strombedarf bedeutet. Selbstverständlich dürfen wir auch einen der Querschläge besichtigen, die einen Teil der Technik und eventuell gestrandete Passagiere aufnehmen. Ernst Okle erklärt uns zum Beispiel die verschiedenen Wasserableitungen, denn es ist ein Unterschied ob ich sauberes Bergwasser oder belastetes Tunnelwasser habe. Ersteres wird ausserhalb in ein Gewässer geleitet, während das Tunnelwasser in die Kläranlage geleitet wird. Man kommt sich unheimlich klein vor so mitten in einem Berg, immerhin hat es an der „tiefsten“ Stelle 2300m Fels über dem Tunnel. Schliesslich gelangen wir wieder zu unseren Fahrzeugen zurück. Uns ist allen bewusst, was für eine Leistung die vielen Arbeiter hier an Gotthard geleistet haben und unter welchen Bedingungen hier gearbeitet wurde. In knapp 1 ½ Jahren ist der Gotthardtunnel fertig und die SBB übernimmt ihn. Ein knappes halbes Jahr später, zum Fahrplanwechsel im Dezember 2016, wird er dann in Betrieb genommen. Etwa drei Jahre später folgt dann der Ceneritunnel, dann ist die Schweiz bereit. Mal schauen, ob die im Norden und im Süden dies auch von sich sagen können. Wir kommen langsam wieder ans Tageslicht und fahren zurück zuerst nach Amsteg, um die Sicherheitsausrüstung zurück zu bringen und anschliessend weiter nach Erstfeld zum Infocenter und unseren Fahrzeugen.

Unser Programm geht nun weiter in Attishausen in der Güggeliburg, wo auch noch Maja und Gerda zu unserem Grüppchen dazustossen. Hier sitzen wir noch ein wenig gemütlich zusammensitzen und sind uns für einmal einig, was wir essen. Güggeli mit normaler, mittelscharfer oder scharfer Sauce. Worin jetzt da genau der Unterschied besteht, haben wir an diesem Abend nicht herausgefunden. Auch die Bedienung ist manchmal etwas unkonventionell, aber es gibt Schlimmeres auf dieser Welt. Zum Beispiel der Winter, der dauert gefühlt ein halbes Jahr und ist eigentlich wirklich verlorene Zeit. Um uns herum ist ein Kommen und ein Gehen. Nach getaner „Arbeit“ gehen dann auch wir.

Einen Dank an unsere zwei Guides Ernst Okle und Alois Bissig für ihre interessanten Erklärungen. Und an Caspar für die Organisation, war eine gute Idee die NEAT zu besuchen.

Rolf

 
 
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